Berufsbild Integrative Lerntherapie

Das Berufsbild Integrative Lerntherapie ist ein sehr dynamisches und befindet sich ständig in der Entwicklung, woran der KREISEL von Anfang an beteiligt ist! Es ist sehr lebendig, kreativ und sehr beliebt wegen der Vielseitigkeit der praktischen Tätigkeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen; zugleich ist die Gestaltung der Arbeitsbedingungen sehr frei und unterliegt kaum äußeren Regelungen. Sie schaffen durch die von Ihnen entworfenen beruflichen Rahmenbedingungen die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Arbeit!

Wir haben für Sie im Folgenden die Kompetenzen einer LerntherapeutIn sowie berufliche Rahmenbedingungen zusammengestellt, die dieses spannende Berufsbild ausmachen.

Die KREISELfortbildung qualifiziert Sie inhaltlich für die Praxis, das KREISELnetzwerk begleitet Sie langfristig mit viel Unterstützung für den professionellen Rahmen.

Beziehungskompetenz

Die Forschung hat die Bedeutung von Bindungs- und Beziehungskompetenz mehrfach nachgewiesen. Die Fähigkeit, professionell Beziehungen aufbauen und halten zu können, ist ein entscheidender Schlüssel zum Erfolg bei der lerntherapeutischen Arbeit. Durch bisherige negative schulische Lernerfahrungen häufig verunsicherte Kinder, Eltern und Lehrkräfte profitieren von der Beziehung zur LerntherapeutIn.

Die Beziehung zum Kind
Gerade ein in seiner Entwicklung wie auch immer gehandicaptes Kind benötigt eine Person, die es emotional „erreicht“. Es in seinen aktuellen Grenzen genauer sieht und darin akzeptiert und zugleich andere (bisher kaum) gesehene bzw. gewürdigte Möglichkeiten „entdeckt“ und einbezieht.

Die Beziehung zu den Eltern
Die meisten Eltern sind durch die problematisch werdende Lerngeschichte ihres Kindes stark verunsichert, manche sind „enttäuscht“ oder gar „gekränkt“, andere waren, sind und bleiben überfordernd, manchen fehlt – nach vielen schwierigen Erfahrungen – das Zutrauen; wieder andere Eltern wirken in ihrer Hilflosigkeit "desinteressiert". Für eine Entlastung des Kindes ist es in jedem Fall hilfreich, die Eltern „zu erreichen“ und sie zur Mitarbeit zu gewinnen, denn in diesem Fall erzielt eine Lerntherapie ihre größte Wirkung. Auch bei dem Ansatz „Lerntherapie in Schule“ ist die Elternmitarbeit enorm wichtig und sollte Voraussetzung für die Aufnahme des Kindes in das Angebot sein.

Die Beziehung zu den Lehrkräften
Im Zusammenhang mit, womöglich langwierigen, Lernproblemen ist nicht selten die Beziehung zwischen Lehrkräften und einem Kind erschwert, und sehr häufig auch die Beziehung zu dessen Eltern. Hier kann sich die LerntherapeutIn mit ihrer professionellen Beratungs- und Beziehungskompetenz konstruktiv einsetzen und wirkungsvoll vermitteln.

Für die interdisziplinäre Kooperation, auch ggfs. mit weiteren Fachkräften (z.B. Logopädie, Ergotherapie), bringt die Lerntherapeutin neben der Kenntnis von deren spezifischen Angeboten einen kooperativen Arbeitsstil mit.

Diagnostikkompetenz

Lerntherapie achtet grundsätzlich gleichwertig auf „Kompetenzen und Grenzen“. Sie sucht dabei gezielt nach bisher häufig unentdeckten oder vernachlässigten Ressourcen des Kindes. So wird z.B. darauf geachtet, in welcher Qualität ein Kind genau liest: "Was kann es schon bei dem, was es nicht kann?" "Welche Buchstaben sind sicher, so dass man mit ihnen gut arbeiten kann?"

Zudem sucht die Lerntherapie nach potentiellen Belastungen gesundheitlicher bzw. psychischer Art und guckt darauf, wieweit diese Bezug haben zu Sensomotorik, Sprache, Schriftsprache bzw. Rechnen. Wie steht das Kind im emotionalen Kontakt zu seinen Eltern, seinen Lehrer_innen und anderen Kindern?  Wie könnte der gezielte Einbezug des Umfelds (Eltern/Familie, Lehrkräfte, gegebenenfalls weiterer professioneller Helfer – Kinder- und Spezialärzte sowie im Umfeld verfügbarer Freizeitangebote) weitere Wachstumsmöglichkeiten für das Kind eröffnen?

Eine so gestaltete Diagnostik zur Förderung zeigt auf, mit welchen vorhandenen Kompetenzen des Kindes, seiner Familie, seiner Schule und seines lokalen Umfelds die anstehenden Lernprozesse bewältigt werden können.

Kompetenz in Entwicklungs- und Lernbegleitung/-förderung

Integrative Lerntherapie bietet umfassende Unterstützung für das Kind - in den Bereichen Sensomotorik, Sprache, Schriftsprache, Rechnen, Psyche

Lernvoraussetzungen Motorik, Wahrnehmung, Sprache und Prävention: 

  • Bewegungsförderung insbesondere für Graphomotorik, Augen- und Mundmotorik
  • Wahrnehmungsförderung insbesondere in den Bereichen auditive und visuelle Verarbeitung
  • Tonusregulierung, in der Regel Tonus erhöhende, aber auch Spannung reduzierende Angebote. In Verbindung damit müssen häufig Aufmerksamkeit und Konzentration gestützt werden.
  • Förderung der gesprochenen Sprache: Verbesserung der Artikulation, Kompetenzen im Grundwortschatz, Grammatik, Syntax als weiteren zentralen Voraussetzungen für Aneignung und Umgang mit geschriebener Sprache, Schrift-Sprache
  • ggf. in Kooperation mit Ergo- und Physiotherapie, Psychomotorik, Logopädie bzw. mit nichttherapeutischen Angeboten wie Kinderzirkus

Innerhalb dieses breiten entwicklungsfördernden Spektrums findet dann die  Unterstützung von elementarer Schriftsprache bzw. elementarem Rechnen ihren Platz:

  • Festigung von Laut-Differenzierung und Buchstaben-Sicherheit 
  • auf Schriftsprache bezogene sprachanalytische Kompetenz wie Silbenkompetenz, Orthographie
  • Lesekompetenz, Synthesefähigkeit, Sinnentnahme bzw. Sinnkonstruktion
  • Mengenerfassung, Zahlvorstellungen, Ziffer-Zahl-Zuordnung
  • Seriation, Klassifikation; Bündelungen
  • Operationsverständnis der Grundrechenarten; Geometrie
  • Mengenzerlegung, Zehnerübergang, Zahlenräume und Textaufgaben u.a.

Aus psychologischer Sicht stehen folgende Aspekte im Mittelpunkt:

  • Lernmotivation, Lern- und Arbeitsorganisation
  • Stärkung des Selbstwerts
  • Reflektion des eigenen Verhaltens
  • Konzentrationsförderung, Entspannungstechniken
  • Stärkung der sozialen Kompetenz

Schaffen guter Förderbedingungen

Lerntherapie findet häufig außerhalb von der Schule statt, nachmittags, bezahlt von den Eltern. Durch die Veränderung der Schullandschaft zur Ganztagsschule sind Entwicklungen zu beobachten, dass Lerntherapie vermehrt in den Schulalltag integriert wird. Lerntherapie wird auch von Jugendämtern getragen, sofern das Lernversagen mit "drohender seelischer Behinderung" verbunden ist (Kinder- und Jugendhilfegesetz, KJHG), allerdings mit bundesweit deutlich abnehmender Tendenz.

Aus dieser Situation heraus ergeben sich einige wesentliche Rahmenbedingungen, die neben den beschriebenen inhaltlich-fachlichen Kompetenzen zum lerntherapeutischen Gesamtkonzept gehören und zum Erfolg beitragen:

  • Engagement und Fähigkeit der Eltern, für sich und ihr Kind Hilfe zu suchen (dazu gehört entweder die Zahlungsfähigkeit oder z.B. der Gang zum Jugendamt)
  • Prinzipien wie Freiwilligkeit bzw. zumindest Akzeptanz, also die innere Haltung des Lernenden: „Ich will lernen“ bzw. auch der Eltern: „Wir wollen einen Beitrag leisten“
  • Die konsequente Ressourcenorientierung der/des LerntherapeutIn
  • Das Verhelfen zu kleinschrittigen Lernerfolgen und die damit verbundene Fortschrittsorientierung – „Vom Teufelskreis zur Glücksspirale“
  • Individuell angepasste Methodenvielfalt  – das ist einer der wesentlichen Unterschiede von Lerntherapie gegenüber standardisierten Trainingsprogrammen
  • ständige Ziel- und Auftragsklärung – mit den Eltern und mit dem Kind
  • Wohlwollende professionelle Haltung
  • Beständigkeit, Verlässlichkeit und Kontinuität bezüglich Terminen und Absprachen
  • Vermittelnder Kontakt mit allen Beteiligten: Kind, Eltern, Lehrkraft (Mediator) – Die Zuwendung in der Einzel- oder Kleinstgruppensituation macht dies möglich.

Bei allen Bemühungen und guten Erfolgsaussichten – eine Garantie auf Lernerfolg gibt es nicht.
Umgekehrt sollten entsprechende Verheißungen Skepsis auslösen!

Tätigkeiten

Die Arbeit als Lerntherapeut_in stellt sehr unterschiedliche Ansprüche und Herausforderungen und gibt damit Raum für die Entfaltung verschiedenster Talente und Eigenschaften. Ein paar haben wir hier für Sie näher beschrieben:

 

Lerntherapie

  • mit Kindern:
    • Schwerpunkt: 7 bis 12/13 Jahre
    • ggfs. Frühe Lerntherapie in KiTa oder Vorschule
  • mit Jugendlichen
  • mit Erwachsenen: Einzeln – Paar – Kleingruppe (max. 4)
  • mit den Eltern:
    • Einzelberatung
    • Therapiebegleitende Elterngruppe
    • Themenabende (auch zur Öffentlichkeitsarbeit!)
    •  Elterngruppe (ohne Kindertherapie)
  • mit den Lehrkräften:
    • Einzelberatung
    • Fortbildung

Öffentlichkeitsarbeit & Netzwerk-Arbeit

  • Vorträge in Schulen, auf Fachtagungen, ...
  • Artikel in verschiedenen Fachzeitschriften
  • interdisziplinäre Kooperation vor Ort
    • mit Lerntherapeut_innen
    • interdisziplinäre "Psychosoziale Arbeitsgemeinschaften"

Kauffrau

  • Verträge, Rechnungen
  • Buchhaltung
  • Dokumentation
  • Materialbeschaffung etc.

Status

In der Regel selbstständig bzw. auf Honorarbasis:

  • in Praxen
  • in Schulen (mit zunehmender Tendenz)
  • Einzelpraxis
  • Praxisgemeinschaft mit anderen LerntherapeutInn
  • interdisziplinäre Praxisgemeinschaften (mit Logopädie, Ergotherapie u.a.)

Eher selten sind Angestellten-Verhältnisse:

  • in Praxen
  • in Schulen

Praxisgründung

Je nach Voraussetzung können Sie alleine den Weg in die Selbstständigkeit beschreiten.
Im Rahmen der Weiterbildung (Teil 4) sowie als freies Seminar bietet der KREISEL unterstützend ein zweitägiges Seminar zur Praxisgründung und -führung an: Eine lerntherapeutische Praxis gründen und führen. Themen u.a.: Kalkulation und Stundensatzberechnung, Verdienst, Elternvertrag, Arbeitsvertrag und Honorarvertrag, Einrichtung von Therapieräumen, Öffentlichkeitsarbeit, Arbeitsumfang und Zeitmanagement, Qualitätssicherung, Praxisverwaltung, Versicherung und Altersvorsorge. 

Der Begleitordner 'Kompetenzentwicklung - Sich entdecken, entwickeln, entfalten' gehört zu jedem KREISELausbildungsgang und enthält viele Dokumente auch für die Zeit nach der Ausbildung. Für die professionelle Arbeit enthält der zweite Ordner 'Kompetenzprofil & Qualitätserhalt' wichtige weitere Dokumente für die Praxisführung. Diesen zweiten Ordner können Sie unter Veröffentlichungen bestellen.

KREISELabsolventen können Mitglied unseres großen, bundesweiten Netzwerk werden und auf dessen Erfahrungen zurückgreifen.